Der Chor unserer Gemeinde, dem ich seit Jahren angehörte, erhielt eines Tages eine neue Sängerin. Die freundliche, zurückhaltende Frau stellte sich als Hella Mundhra vor und setzte sich direkt neben mich. Wir waren noch nicht sehr vertraut miteinander, als sie ankündigte, dass sie nun für sechs Wochen fehlen würde, sie würde nach Indien fliegen. Auf die Frage: „Was machst du denn in Indien?“ erzählte sie uns ihre Geschichte, und wir waren sprachlos.
Eine Frau, die sich selbstlos und unermüdlich für Kinder und Familien in den Slums vor Bangalore einsetzt, in einem Land, in dem die aus den untersten Kasten kommenden Menschen nichts gelten und menschenunwürdig dahinvegetieren, eine Frau, die einen Kampf gegen Behörden führte, bis sie ihr Ziel erreicht hatte, nämlich den Kindern ein Heim voller Zuwendung und Schutz und eine kostenfreie Schulbildung zu bieten, faszinierte uns über alle Maßen. Vor allem hörten wir, mit wieviel Liebe und Wärme sie von „ihren“ Kindern sprach, die in ihrem Heim und ihrer Schule aufwachsen durften, ohne Schläge und in familiärer, liebevoller Atmosphäre. Sie hatte ihr Projekt „Shishu Mandir“ genannt, das „Tempel für Kinder“ heißt, was aber so viel wie „Geborgenheit“ bedeutet.
Schnell war unser Entschluss gefasst, das Projekt „Shishu-Mandir“ wollten wir gerne in Form eines Benefizkonzerts unterstützen. Wir sprachen mit dem Jugendorchester des benachbarten Musikvereins, sowie mit dem Leiter der ortsansässigen Grundschule und auch mit einem befreundeten Chor. Überall fanden wir offene Ohren, und so konnten wir gemeinsam ein Konzert für das Frühjahr 2014 planen.
Unsere Pfarrkirche war ein geeigneter Raum, den wir mit Bildern und Informationen über das Shishu Mandir ausschmückten. Natürlich machte jeder persönlich Reklame für unser Konzert, und so füllte sich die Kirche weit über den letzten Patz hinaus. Unsere Lieder gingen ans Herz, und die Menschen waren begeistert. Auch wir, die Ausführenden, waren mit einem großen Gefühl von Glück und Erfolg erfüllt. Als wir dann noch einen beachtlichen Scheck von den eingegangenen Spenden an Hella Mundhra überreichen konnten, waren wir voller Freude und auch ein bisschen stolz.
Mittlerweile bin ich Mitglied im Verein, habe zwei Patenkinder und war schon mehrmals mit Hella in Indien, um in diesem wunderbaren Projekt mitzuhelfen.
Marianne Lennards
April 2021